Eigentlich sollte es einen Grund zum Feiern geben. Die Zahl der Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen ist in den letzten 100 Jahren drastisch gesunken. Dank der erfolgreichen Bekämpfung von Infektionserkrankungen sowie Fortschritte in der vorgeburtlichen- und Säuglingsmedizin müssen weniger Eltern um Ihre Kinder trauern. Die Sterblichkeit bei Säuglingen schrumpfte von rund 21 Prozent auf 0,5 Prozent und bei Kindern zwischen ein und 15 Jahren von einem Prozent auf 0,02 Prozent.
Jedoch kann jetzt noch nicht gefeiert werden, denn heute stellen zunehmend chronische Krankheiten eine Gefahr für Kinder und Jugendliche da. Darunter sind Diabetes mellitus, Asthma, Allergien und Krebs die häufigsten Krankheitsbilder. Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich der gesundheitliche Allgemeinzustand von Kindern insgesamt verschlechtert hat. Schuld seien gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen. Unter anderem werden falsche Ernährung, mangelnde Bewegung und Drogen als mögliche Ursachen angegeben. Diese wirken sich negativ auf die körperliche Gesundheit, schulische Entwicklung, Konfliktbewältigung und gesundheitsrelevante Verhaltensweisen aus.
Unter Kindern und Jugendlichen ist Krebs ist die tödlichste Krankheit. In Deutschland bekommen jedes Jahr etwa 1.800 junge Kinder bis zum 15. Lebensjahr eine Krebsdiagnose. 34 Prozent davon sind Leukämien, gefolgt von Tumoren des Zentralnervensystems (Hirntumoren) mit etwa 23 Prozent und Lymphomen mit ungefähr 12 Prozent. Am Seltensten sind das Neuroblastom (circa 8 Prozent) und das Nephroblastom (Wilms-Tumor, 5,5 Prozent).
Doch wer in Deutschland wohnt hat relativ gute Chancen auf Heilung. In den letzten 20 Jahren konnten die Heilungsraten – insbesondere aufgrund kontinuierlich durchgeführter Therapieoptimierungsstudien – 75 Prozent erreichen. Somit ist Deutschland zurzeit Weltmeister bei der erfolgreichen Behandlung. Anders als bei jungen Erwachsenen können Kinder, die ihre Diagnose überleben, meistens danach auch ein weitgehend normales Leben führen. Erwachsene, die die Krankheit zwischen dem 18 und 39 Lebensjahr erwischt, sind meist mit zusätzlichen sozialen und finanziellen Problemen belastet.
Nur die Hälfte von all denjenigen, die im Alter von unter 65 Jahren Krebs bekommen, schaffen es ins Erwerbsleben zurückzukehren. Je jünger man ist umso besser sind die Chancen, jedoch bleiben viele auf der Strecke. Zahlreiche Krebspatienten bekommen es nicht innerhalb des Zeitraums von eineinhalb Jahren, während ihnen Krankengeld zusteht, wieder einen Job zu finden, weswegen sie oft auf Arbeitslosengeld oder eine Erwerbsminderungsrente ausweichen müssen.
In einer Zeit, in der es sonst um Unabhängigkeit, sexuelle Orientierung und Erfahrung, Karriere und die Gründung einer Familie geht, muss ein Krebspatient um Dringenderes kümmern. „Die Erkrankung trifft nicht eine ausgereifte, in sich ruhende Persönlichkeit, sondern eine eher unsichere, unselbstständige und verletzliche, so dass eine doppelte Krisensituation entsteht“, berichtete Volker König der Deutschen Presse Agentur. König ist ärztlicher Leiter der Fachklinik für onkologische Rehabilitation Bad Oexen.
Doch junge Menschen sind nicht ganz allein auf sich gestellt. Organisationen wie die „Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ bieten Betroffenen Hilfestellung an. Ihr im Oktober begonnenen Infoprojekt („Jung und Krebs – Erste Hilfe“) soll junge Menschen ermutigen, aktiv in ihrer Behandlung zu werden. Unter anderem stehen praktische Tipps für den Umgang mit Krankenkassen oder sogar Infos über das Einfrieren von Spermien/Eiern zur Verfügung. Auch regionale Patientengruppen und Psychooonkologische Beratungsstellen werden auf deren Webseite www.erstehilfe-krebs.de gelistet.
Laut der Stiftung gehören Hautkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Hodenkrebs, Brustkrebs, Sarkome (befallenes Knochen-, Knorpel- und Fettgewebe) und das Hodgkin-Lymphom (befallenes Lymphsystem) zu den Arten, die junge Erwachsene häufig treffen. Oft wird diese Demografik verzögert diagnostiziert, weil Ärzte bei Patienten in diesem Alter nicht mit Krebs rechnen (auf einen unter 15-Jährigen, der eine Krebsdiagnose erhält, kommen demnach 200 bis 300 über 80-Jährige). Dabei kann jeder immer auf sein Recht in Deutschland bestehen sich bei Bedarf eine Zweitmeinung zu holen.
Über Warnzeichen einer Krebserkrankung informiert der Kinderkrebsinfodienst auf seiner Website.Ein Arztbesuch wird empfohlen, wenn Symptome keiner anderen Ursache eindeutig zugeschrieben werden können und über zwei Wochen andauern.
– TL Andrews