Zurzeit gibt es dutzende Apps, die damit werben, eine Alternative zu traditionellen
Verhütungsmethoden darzustellen. Diese versprechen Befreiung von den möglichen
Nebenwirkungen wie Depression oder betrübter Lust, die sonst mit der “Pille”
assoziiert werden. Da einige Berichte diese Behauptungen vor Kurzem in Frage
stellten, ist allerdings unklar, ob sie wirklich so sicher sind.
Einerseits, bestätigt eine Studie des schwedischen Karolinska Instituts, dass Apps
eine Schwangerschaft genauso effektiv verhindern können wie die Pille.
Andererseits widerspricht die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
diesen Aussagen mit einem Statement, das Frauen wiederum von Apps abrät. App-
Nutzer haben meist keinen medizinischen Abschluss, warnt die DGE, weswegen
häufig viele Fehler bei der Interpretation von Ergebnissen entstehen könnten.
Außerdem ziehen zu wenige Apps die natürlichen Schwankungen im Zyklus jeder
Frau in Betracht.
Die beliebte Bloggerin bei wearetheladies.de hat selbst drei Jahre Erfahrung mit
verschiedenen Verhütungsapps gemacht. Unter Ihrem Autorennamen, Maggie,
erzählt sie im Interview mit Arzttermine.de, was für sie funktioniert hat und was nicht.
Sowohl Apps als auch Verhütungscomputer hat sie während dieser Zeit ausprobiert.
1) Wie würden Sie Ihren Umstieg vom Verhütungscomputer zu Apps
beschreiben?
Der Umstieg verlief für mich reibungslos, da ich dank Verhütungscomputer bereits
1,5 Jahre Erfahrung mit der symptothermalen Methode hatte und mich somit sehr
sicher mit ihr gefühlt habe. Ich habe mich außerdem für die myNFP-App
entschieden, die meiner Meinung nach die beste auf dem Markt ist, um zuverlässig
natürlich zu verhüten. Daher gab es keinerlei Schwierigkeiten, ganz im Gegenteil:
Ich freute mich über die vielen Zusatzfunktionen der App, denn der damalige
Computer war doch recht rudimentär – mittlerweile gibt es aber viel bessere
Modelle, zu denen ich raten würde.
2) Muss man seinen Zyklus besonders gut kennen, um Apps zu nutzen?
Nein, da die „richtigen“ Apps nicht auf der Kalendermethode beruhen, braucht man
seinen Zyklus nicht besonders gut zu kennen. Die geeigneten Apps berechnen den
Eisprung nicht, sondern bestimmen diesen mithilfe von Körpersymptomen jeden
Zyklus individuell aufs Neue – daher kann dieser ruhig schwanken und unregelmäßig
sein – was übrigens bei den meisten Frauen der Fall ist. Der 28-Tage-Zyklus ist ein
absoluter Mythos und eine Erfindung der Pharmaindustrie (Stichwort: Pille).
3) Viele Wissenschaftler raten von Apps als Verhütungsmittel ab. Warum
waren sie trotzdem zuverlässig genug in Ihren Augen?
Das Problem mit Apps als Verhütungsmittel ist die Wahl einer geeigneten. Denn die
meisten beruhen wie schon erwähnt auf der Kalendermethode, die sehr unsicher ist.
Wichtig ist daher, sich eine App auszusuchen, die die symptothermale Methode
unterstützt (Temperaturmessung + Zervixschleimbeobachtung) und auch nach
diesen beiden Kriterien auswertet. Zudem sollte man sich VORHER mit der Methode
vertraut machen und die Regeln sowie Begriffe gründlich lernen. Erst dann wird man
zuverlässig mit einer entsprechenden App verhüten können. Auch die Auswertung
der App sollte immer aufmerksam mitverfolgt und gegengecheckt werden – niemals
blind auf die Technik verlassen!
4) Wem würden Sie die empfehlen, wem nicht?
Grundsätzlich empfehle ich Anfängerinnen, die mit natürlicher Verhütung beginnen
wollen, lieber einen Verhütungscomputer. Er erleichtert den Einstieg ungemein und
gibt sehr viel Sicherheit. Wobei man trotz Computer VORHER die Methode erlernen
sollte, allein schon um zu wissen, wie mit sogenannten Störfaktoren umgegangen
werden muss.
Wer etwas selbstsicherer ist und nicht so viel Geld investieren möchte, kann auch
gleich mit einer geeigneten App starten. Dann muss man die Methode jedoch sehr
gut beherrschen, was bereits beim Runden und korrekten Übertragen der
Temperaturwerte beginnt. Einige Frauen überfordert beispielsweise schon das
alleinige Ablesen eines (analogen) Thermometers – diesen würde ich definitiv keine
App, sondern einen Computer empfehlen. Ich selbst habe mir natürliche Verhütung
damals auch nur mit Hilfe eines Computers zugetraut, und empfinde das nicht als
Schande – schließlich ist das gesamte Thema neu und aufregend und verunsichert
zunächst. Aber nach ein paar Zyklen hat Frau den Dreh raus, versprochen!
5) Halten Sie es möglich eine App zu entwerfen, die genau so zuverlässig ist
wie ein Computer?
Jein. Ich glaube, eine App, die ja letztendlich manuell vom Nutzer bedient wird, wird
immer eine gewisse Fehlerquote aufweisen, egal wie gut sie programmiert ist. Was
jedoch momentan verstärkt auf den Markt kommt, sind Apps, die in Verbindung mit
einem Bluetooth-Thermometer funktionieren, zum Beispiel WINK/KINDARA aus den
USA oder bald OVY hier in Europa. Das jeweilige Thermometer überträgt die Daten
automatisch, wodurch die oben erwähnten Rundungs- und Übertragungsfehler
wegfallen. Dieses System scheint mir eine ideale Lösung zwischen App und
Computer zu sein, wobei ich es selbst noch nicht getestet habe.
Dennoch möchte ich an dieser Stelle eine Lanze für Apps brechen: Wer die richtige
wählt, die Methode vorab gründlich erlernt, seinen Zyklus immer aufmerksam
mitverfolgt und die Auswertung gegencheckt, kann sehr zuverlässig mit ihr verhüten.