Nachmittags im Pappaladen in Prenzlauer Berg. Michael Bauer, ein IT Spezialist, steht gelassen in einem bunt bemalten, mit Miniatur-Möbeln ausgestatten Raum. Er plaudert mit den anderen Vätern über Sport während seine sieben Monate alte Tochter vor sich hin krabbelt und zurückhaltend mit den anderen Kindern spielt. Er und seine Freundin teilen sich die Elternzeit, aber er nimmt deutlich mehr davon in Anspruch – über 8 Monate. Ein bis zwei Mal die Woche kommt er hierher und genießt eine Atmosphäre, die zugleich familiär und ausgesprochen…maskulin ist.
Der Pappaladen ist eins von nur zwei Cafés in Deutschland, die sich in erster Linie Väter als Zielgruppe gesetzt haben. Dass es überhaupt existiert, sagt einiges über Berlins Baby Boom aus. Denn kaum eine andere Stadt hat so ein vielfältiges Angebot für kleine Familien wie Berlin. Von Yoga für Kinder bis zur Kinderbetreuung in Co-Working Spaces, hier gibt es einfach alles.
Bekannterweise ist dieses Angebot entstanden, um der rasant wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Mittlerweile kommen hier sogar so viele Kinder auf die Welt, dass die Krankenhäuser nicht mehr mithalten können. Im St. Joseph-Krankenhaus in Tempelhof – dem Haus mit den meisten Geburten in ganz Deutschland – wurden letztes Jahr fast 4600 Kinder geboren, 600 mehr als 2015. Die Geburtsstation musste ca. 30 mal kurzfristig wegen Personalmangels schließen. Dieses Jahr ist das bereits dreimal passiert.
Daraus ergibt sich die Frage: Warum ziehen so viele junge Familien in die Hauptstadt?
Wirtschaftlicher Aufschwung
Die Entwicklungen in den Geburtshäusern halten mit dem wirtschaftlichen Wachstum der Stadt Schritt. Seit 2004 seien 100.000 neue Jobs entstanden. Dieses Wirtschaftswachstum liegt über dem Bundesschnitt. Wenn viele junge Leute in die Stadt ziehen und auch Jobs finden dauert es offensichtlich nicht lange bevor sie die finanzielle Last eines Kindes in Erwägung ziehen.
Lifestyle
Doch die Statistiken sind mit Vorsicht zu lesen. Zwar kommen jedes Jahr etwa 170,000 Menschen nach Berlin, 130,000 verlassen die Hauptstadt jährlich allerdings auch wieder. Oft werden junge Leute von der weltberühmten Party-Szene gelockt, gehen dann aber auch relativ schnell wieder, weil es schwierig ist, gute Freunde zu finden. Die Menschen, die permanent in der Stadt Wurzeln schlagen (und sogar Kinder bekommen) tun dies meistens wegen des unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnisses, das Berlin bietet.
Nimmt man alleine das Wohnungsbeispiel. Auch wenn Berliner sich gerne über Mietpreise beschweren, kann man immer noch verhältnismäßig günstige Wohnungen in der Innenstadt finden. Wer schon in Paris oder London nach einer Wohnung gesucht hat, weiß Berlins “arm aber sexy” Lifestyle zu schätzen.
Zudem hat Berlin den Ruf, eine Stadt für Kreative zu sein. Damit sind nicht nur Künstler, Designer und Filmemacher gemeint. Berlin etabliert sich langsam als Hauptstadt der europäischen Start-up Szene. Letztes Jahr sind dementsprechend mehr Investitionen in Berliner Unternehmen geflossen als in Londons. Laut Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, werden deswegen 10,000 Wohnungen von Privatinvestoren und städtischen Gesellschaften errichtet.
Zunehmend familienfreundlich
Es ist toll, in einer Stadt wie Berlin groß zu werden. Hier gibt es mehr Grünflächen als in jeder anderen europäischen Hauptstadt. Und Spielplätze? Die sind an fast jeder Ecke zu finden. Dazu kommen die zahlreichen Verkehrsmöglichkeiten. Vor allem in den zentralen Stadtteilen kann man sehr gut mit Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B gelangen, was Kindern viel Selbstständigkeit bringt – und Eltern viel Freizeit. Des Weiteren sorgen die vielen Angebote für Kinder und Jugendliche dafür, dass weder in den Ferien, noch während der Schulzeit Langeweile aufkommt.
Und Sie?
Warum sind Sie nach Berlin gekommen und warum sind Sie geblieben? Sind Sie auch der Meinung, dass Berlin familienfreundlicher wird? Wir wollen von Ihnen hören!